pfeil-left zurück

Netzausbau kontra regenerative Energie
Sachliche Informationsveranstaltung im Badsaal

diskussion1
diskussion4
diskussion9
diskussion5

Das komplexe Thema, wie die Trassen der Stromversorgung von Nord nach Süd geführt werden sollen, hat in den Vorjahren viele Gemüter erhitzt. Sicher hat die verbesserungswürdige Informationspolitik der Trassenbetreiber ebenso die Emotionen hochkochen lassen wie das gelegentlich übertriebene Agieren der Trassengegner. In letzter Zeit wird die Angelegenheit ruhiger behandelt, denken doch viele, dass mit der Erdverkabelung der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) die Probleme gelöst wären – doch diese Ruhe könnte trügerisch sein. Die Bürgerinitiativen (BI) des Nürnberger Landes gegen überdimensionierten Netzausbau haben deswegen eine Veranstaltung im Badsaal in Schnaittach organisiert.

Petra Kraus, die Vorsitzende der BI Schnaittach, wünscht sich eine sachliche Information zum Thema einerseits und zu einer Form der regenerativen Energiegewinnung, der Stromerzeugung mittels Photovoltaik andererseits. Soviel vorweg: Dieser Wunsch geht an diesem Abend in Erfüllung, wozu auch die ruhige, sachliche Moderation durch Matthias Grobleben von der BI Altdorf beiträgt.

Landrat Armin Kroder und Bürgermeister Frank Pitterlein betonen beide, dass das Thema „P44mod“ weiterhin hochaktuell ist und dass die betreffenden Maßnahmen immer auch dem Ausbau des europäischen Stromversorgungsnetzes dienen. P44mod ist die Bezeichnung für die Hochspannungsleitung, die etliche Ortschaften in der Metropolregion überspannt, und deren Aufrüstung von 220 kV auf 380 kV. Hierfür würden deutlich höhere Masten – bis zu 75 m – erforderlich. Dagegen wenden sich die BI nicht nur des Nürnberger Landes, die diese Aufrüstung für unnötig und bezüglich der dezentralen Versorgung mit regenerativen Energien (Energiewende) für kontraproduktiv halten.

Pitterlein führt aus, dass ihm ein bürger- und naturfreundlicher Netzausbau am Herzen liegt. Die Kommune steht im Kontakt mit dem Netzbetreiber TenneT, wo sie u. a. dafür geworben hat, dass die BI in den Dialog einbezogen werden. Er ist gegen eine Aufrüstung der über den Ort führenden Leitung zulasten der Bürger, sieht diesen Punkt durch die gesetzlich festgeschriebene Abstandsregelung zur Bebauung aber im Netzentwicklungsplan (NEP) geregelt. Dieser Plan wird in einigen Wochen vorliegen. Gegen die Überbauung bewohnter Gebiete unterstützt er die BI nachdrücklich.

In dasselbe Horn, wenn auch mit leichter Akzentverschiebung, stößt auch Armin Kroder. Ihm ist eine Diskussion mit offenem Visier wichtig. Er vergleicht die Strom- mit der Wasserversorgung und kommt zu dem Ergebnis, dass es keine gute Politik wäre, eine schlechte Versorgung abzuschaffen, um sie durch eine ähnlich schlechte zu ersetzen. Er, Kroder, ist für die Energiewende in der ursprünglichen Form, also durch regenerative Energien. Dadurch wird die Energieversorgung für den industrieorientierten Landkreis nicht vollständig gewährleistet sein; es bedarf zusätzlicher Lösungen. Wenn der Netzausbau kommt, müssen die Beteiligten eine verträgliche Lösung finden. Zu berücksichtigen ist, dass auch der Bund Naturschutz, die BI und die N-Ergie als regionaler Versorger sich aus unterschiedlichen Interessenlagen gegen den Netzausbau stark machen.

Im Anschluss stellt Dr. Jürgen Rupprecht dar, warum die HGÜ den überdimensionierten Netzausbau nach sich zieht: Im Verbund mit anderen Trassen, die ebenfalls von 220 kV auf 380kV hochgerüstet werden sollen, stellen diese Trassen die Ausfallsicherung für die HGÜ dar und werden europäischen Strom variabler Herkunft transportieren. Hier widerspricht Rupprecht auch dem Bürgermeister, weil aus seiner Sicht die Abstandsregelung eben nicht im Gesetz, sondern in den Begründungen zu finden ist und deswegen keine normative Kraft hat. Außerdem stellt die LEP Landesrecht dar, das durch die Bundesnetzplanung als Bundesrecht gebrochen werden kann. Er zieht als Fazit, dass die BI weiterhin aufmerksam bleiben müssen.

Energieexperte Michael Vogtmann von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) in Franken stellt im Anschluss, auf eine diesbezügliche Aussage von Landrat Kroder eingehend, die Photovoltaik als eine Möglichkeit, selbst Energie zu gewinnen und damit die Netze zu entlasten, dar. Seine Beispiele variieren unterschiedliche Anlagen- und Speichervarianten mit den derzeitigen Kosten, denen er die staatliche Förderung gegenüberstellt. Aus seinen Ausführungen lässt sich etwas pauschaliert entnehmen, dass sich eine Photovoltaik-Anlage heutiger Technik und bei der derzeitig garantierten Förderung nach ca. 20 Jahren amortisiert und danach Gewinne abwirft. Der gesamte Vortrag ist für Interessierte, die eine derartige Anschaffung überlegen, mit den technischen und finanziellen Fakten nach dem Wochenende unter www.stromautobahn.de zu finden.

Zahlreiche Fragen aus den Reihen der etwa 100 Zuhörer zeigen, dass sich viele mit beiden Themen schon intensiv beschäftig haben.

Vinzenz R. Dorn

plan0 plan1 plan2

pfeil-top
Top